Das Goethe-Theater
Im 18. und frühen 19. Jahrhundert lockte die Heilkraft der 1704 entdeckten Mineralquelle eine Überzahl Heilung suchender Gäste nach Lauchstädt. Der günstig zwischen größeren Städten gelegene Badeort entwickelt sich zu einem Treffpunkt der vermögenden und gebildeten Gesellschaft der mitteldeutschen Länder.
Spätestens ab 1791 bestimmt mehr und mehr der künstlerische Ruhm des von Goethe geleiteten Theaters die Entscheidung der Zeitgenossen, nach Lauchstädt zu reisen. Mit der Eröffnung des neuen Schauspielhauses am 26. Juni 1802 gilt der historische Badeort als ein Arkadien der dramatischen Kunst des bürgerlichen Zeitalters.
Die Bauzeit des Theaters ist verhältnismäßig kurz. Etwas mehr als drei Monate werden benötigt, um den äußerlich schlichten Fachwerkbau aus Thüringer Fichtenholz und Lehmsteinen zu gründen und zu vollenden. Die Pläne zum Theaterbau stammen von dem renommierten Berliner Architekten Heinrich Gentz (1766 – 1811). Gentz, der 1801 nach Weimar berufen wird, um den Wiederaufbau des Stadtschlosses zu vollenden, wird beauftragt, mit knappem Budget ein modernes und vor allem geräumiges Theater zu schaffen.
Der Besuch der Theatervorstellungen in Lauchstädt ist rege. Die Überschüsse aus den sommerlichen Gastspielen der Hofschauspielergesellschaft subventionieren seit 1791 den Betrieb des Weimarer Hoftheaters. Neben den zahlreichen Kurgästen sind es vor allem die Bürger, Studenten und Professoren aus Halle, die zu den Vorstellungen nach Lauchstädt strömen: seit 1771 darf per Erlass des Königs von Preußen in der Universitätsstadt Halle nicht Theater gespielt werden.
Das neue Haus bietet etwa 600 Zuschauern Platz, die Bühne entspricht exakt der des Weimarer Hoftheaters. Technisch ist das Theater modern ausgestattet. Die schnelle, mechanische Verwandlung der Kulissenbühne, die optimale Beleuchtung der Bühne und des Zuschauerraumes aus modernen Öllampen und die ausgezeichnete Akustik gelten in der Theaterarchitektur dieser Zeit als bahnbrechend. Die äußere Gestalt des Hauses verzichtet auf jeden Fassadenschmuck. Das bis dahin für Theaterbauten gebräuchliche Ein-Dach-Prinzip gibt Gentz zu Gunsten einer ablesbaren, funktionalen Gliederung der einzelnen Bauteile auf. So entsteht, völlig abseits der Metropolen, der Prototyp des modernen bürgerlichen Theaters. Das seit 1908 als Goethe-Theater bezeichnete Haus wird noch heute im Sinne seiner Gründer genutzt. Zwischen Mai und Oktober finden vorwiegend an den Wochenenden Theatergastspiele statt.
Das Goethe-Theater wird 1830, 1907 – 08 und 1966 – 68 restauriert. Von 2015 bis 2021 fand die bisher umfassendste Sanierung und Restaurierung des historischen Hauses seit über 100 Jahren statt. Dabei wurden nicht nur die Fassaden saniert und großflächig vom Hausschwamm befreit. Das Dach des Theaters wurde neu mit Kupferschindeln gedeckt und die gesamte Haustechnik und besonders der Brandschutz erneuert. Die Farbgestaltung und Ausmalung des Zuschauerraumes wurde auf die durch Befunde ermittelte Fassung des Jahres 1802 zurückgeführt. Hilfreich war bei der Einordnung der Befunde die im Staatsarchiv Merseburg verwahrte Schnittzeichnung von Briesen aus dem Jahre 1816. Das erneuerte Goethe-Theater wurde am 27. August 2021, analog zur Wiedereröffnung 1908, mit Goethes „Iphigenie auf Tauris“ in Anwesenheit von Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Dr. Gunnar Schellenberger wiedereröffnet.